Es gibt Dinge, die wissen alle schon. Trotzdem: Ab und an braucht es eine Erinnerung. Denn der Alltag ist der natürliche Feind unserer Aufmerksamkeit. Vor allem, wenn es um die kleinen wichtigen Dinge geht. Daher hier die Erinnerung für Sie: Formulieren Sie positiv, wenn Sie überzeugen möchten! Einige Vorher-Nachher-Beispiele und Sie werden sehen: Wirkung groß, Einsatz klein.
Das Wichtigste vorweg: Sie wollen keine zynische rhetorische Schönfärberei betreiben. Sie rächt sich. Sofort oder mit Verzögerung. Wenn es länger dauert, liegt es am Überraschungseffekt. Vor 35 Jahren war „Wir setzen Arbeitskräfte frei“ so neu, das hat einfach gedauert, bis allen bewusst wurde, wie viel Zynismus in dieser Formulierung steckt.
Der Effekt, der bleibt: Menschen fühlen sich ausgetrickst. Sie merken, sie waren zu sehr von einer Formulierung geblendet, um schnell genug auf den tatsächlichen Inhalt der Nachricht zu reagieren.
Gerade in Vorwahlzeiten sind wir alle sehr vertraut mit sprachlichen Finessen. Debatten zwischen politischen Kontrahenten werden zum rhetorischen Schaukampf. Einerseits beeindruckend. Geschicklichkeit imponiert. Gleichzeitig wenden wir uns innerlich ab. Denn wir fühlen es: Hier wird ambitioniert, oft aber auch unfair gekämpft. Sprache und sprachliche Mittel werden benutzt, um zu siegen. Dann stehen nicht Wahrheit, Inhalt, sachliche Korrektheit im Vordergrund. Existenzielle Themen werden als Material der rhetorischen Profilierung missbraucht.
Es passiert, was bei allen Wettkämpfen passiert: Das Publikum wird immer anspruchsvoller. Die KämpferInnen müssen immer bessere Tricks beherrschen. Oder: das Tricksen bleibenlassen. Das allerdings kann in unserer hochgetunten Medienwelt farblos rüberkommen. Wie echte Fotos neben mit Filter und Photoshop aufgepeppten. Wie Erotik neben Pornografie.
Der Grund der Sehnsucht der Menschen nach dem Echten, nach dem Authentischen findet sich aber genau hier. Wird es ernst – geht es um uns selbst – ändert sich unser Blickwinkel: Wir möchten nicht blenden und täuschen müssen. Und wir wollen uns nicht blenden oder täuschen lassen. Menschen möchten vertrauen können.
Sie merken, worauf ich hinaus will: Ich stelle den Beipackzettel vornean. Falsch eingesetzte Mittel führen zu Schäden! Sprache ist unglaublich wirkungsvoll. Setzen Sie sie gewissenhaft ein. Es geht um Ihre Glaubwürdigkeit. Um das Vertrauen, das Menschen in Sie setzen.
Der Gegenpol zu rhetorisch ausgefuchsten Tricks ist sprachliche Unaufmerksamkeit. Um diese geht es hier. Denn sehr oft fehlt es uns einfach am Bewusstsein für die Wirksamkeit des „Stoffes“ mit dem wir tagein, tagaus hantieren. Versehentlich irritieren wir und wissen nicht, wie es dazu kam. Wir wecken Unmut, lösen innere Ablehnung, Widerstand, Skepsis aus – und sind enttäuscht. Weil wir nur das Beste wollen, das offenbar aber nicht ankommt.
Worte wecken Gefühle und beeinflussen das Klima jeder Begegnung. Sie werden staunen, wie leicht Sie Gesprächssituationen positiv beeinflussen können. Ob im direkten Kundenkontakt, per E-Mail oder am Telefon. Schon etwas mehr Aufmerksamkeit für unsere unbewussten Formulierungsmuster hilft enorm.
Formulierungen, die uns an Gebote und Verbote unserer Kindheit erinnern, wecken leicht den Rebellen in uns. Wir spüren unangenehmen Druck und das schmeckt uns nicht.
Daher sind die sogenannten direkten Negationen nicht, nie, nein und kein bewusst einzusetzen. Auch müssen reiht sich in diese Riege ein. Verwenden Sie eine positive Alternative:
Lieber nicht
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Besser so
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Vergessen Sie nicht, die Unterlagen mitzubringen. | Bitte denken Sie daran, die Unterlagen mitzubringen. |
Kommen Sie bitte nicht zu spät. | Bitte seien Sie pünktlich. |
Sie müssen einkalkulieren, dass … | Bitte kalkulieren Sie ein, dass … |
Nicht immer ist es der Rebell, den wir mit nicht und kein auf die Bühne rufen. Unsere Ohren und Augen sind auch fein gestimmt auf alles, was als Hinweis auf Zurückweisung gedeutet werden kann. Dabei neigen wir dazu, Begrenzungen und Einschränkungen als fehlende Kompetenz unseres Gegenübers zu interpretieren.
Formulieren sie Negationen daher um:
Lieber nicht
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Besser so
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Das geht sich diese Woche nicht mehr aus. | Die Lieferung ist spätestens Dienstagmittag bei Ihnen. |
Frau Huber ist heute nicht mehr da. | Frau Huber ist morgen wieder da. |
Da bin ich nicht zuständig. | Ich kläre für Sie, wer das bearbeitet. |
Bitte verstehen Sie mich nicht falsch … | Bitte verstehen Sie mich richtig … |
Das kann ich Ihnen im Moment nicht sagen. | Darüber wissen wir kommende Woche mehr. |
Was leicht passiert – und schade ist: Eine gute Nachricht wir durch ihre negative Formulierung „überstrahlt“. Auch das können Sie leicht vermeiden:
Lieber nicht
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Besser so
|
Kein Problem. | Machen wir gerne. |
Kein Thema. | Gern geschehen. |
Das eilt nicht. | Das hat Zeit. |
Nicht schlecht! | Toll! |
Wenn Sie keine Fragen mehr haben … | Wenn soweit alles geklärt ist … |
Das dauert nicht lange. | Das geht ganz schnell. |
Ich habe nichts dagegen. | Ich bin einverstanden. |
Wenn wir überzeugen wollen, ist es lohnend, über grammatikalische Korrektheit hinauszuschauen: Für einen positiven Sprachstil eignet sich die Gegenwart oft besser, als die durchaus korrekte Zukunftsform:
Lieber nicht
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Besser so
|
Die Lieferzeiten werden künftig kürzer. | Die Lieferzeiten sind künftig kürzer. |
Wir werden das prüfen. | Wir prüfen das. |
Frau Müller wird sich melden. | Frau Müller meldet sich. |
Wir werden Sie darüber informieren, sobald … | Wir informieren Sie, sobald … |
Solche Situationen kennen Sie:
Sollte passen?
Wie reagieren Sie?
Relativierende Worte untergraben die Verbindlichkeit unserer Aussagen. Verwenden Sie diese Relativierungen weder aus Kalkül, noch aus Unachtsamkeit. Sie verunsichern Ihre Kunden. Das fällt auf die Einschätzung Ihrer Kompetenz zurück.
Spüren Sie das?
Machen Sie es mit Ihren Kunden anders. Sagen Sie, was Sie als verantwortungsvoller Experte sagen müssen und sagen Sie es geradeaus. Ohne Hintertürchen. Falls Einschränkungen angebracht sind, formulieren Sie diese. Auch eine geschickte Tarnung ist eine Tarnung. Sie kommt bei unseren Gegenübern als Verunsicherung an.
Verzichten Sie bei wichtigen Aussagen auf:
Als dosiert verwendete Höflichkeitsform ist der Konjunktiv eine gute Sache. Doch der übervorsichtige Konjunktiv lässt Ihren Expertenstatus wackeln. Ihre Kunden suchen Sicherheit. Zeigen Sie, dass sie Ihrer Expertise vertrauen können. Bleiben Sie konkret:
Lieber nicht
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Besser so
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Man sollte … | Mein Vorschlag ist … |
Man könnte … | Sie haben folgende Alternativen … |
Ich würde vorschlagen … | Ich schlage vor … |
Dadurch würden Sie erreichen … | Dadurch erreichen Sie … |
Das hätte den Vorteil … | Das hat den Vorteil … |
„Manchmal aber …“ – höre ich Sie denken – „…. hab ich das Gefühl, ich komm um eine negative Ansage nicht herum“. Ja. Manchmal will man sich deutlich gegen etwas verwehren. Oft gibt es allerdings auch in diesen Fällen zumindest eine positivere Formulierung als die, die uns als erstes in den Sinn und über die Lippen kommt.
Vier Möglichkeiten:
1. Das kleine Wörtchen so.
Das geht nicht. | Das geht so nicht. |
2. Auch die Verbindung mit noch kann eine passende Variante sein:
Sie haben das Ziel nicht erreicht. |
Sie haben das Ziel noch nicht erreicht. |
3. Auch mit dieser Umformulierung kommt deutlich mehr Positives ins Spiel:
Da muss ich Ihnen widersprechen. | Da kann ich Ihnen so nicht zustimmen. |
Eine Umformulierung wie hier in Punkt 3 funktioniert aus folgenden Gründen: Wie besprochen triggern bestimmte Worte unsere Emotionen und rufen zum Beispiel den Rebellen in uns auf.
Zusätzlich kommt ein weiterer wichtiger Punkt ins Spiel: Unser Gehirn hat zwar eine emotionale Verbindung zum Wort „schwierig“ im Speicher. Bei „nicht leicht“ kommt es aber ins Stocken und registriert vor allem „leicht“.
„Nicht“ ist zwar ein Signalwort. Unserem Gehirn fehlt aber die bildliche Vorstellungskraft für die Negation (Sie kennen die Schwierigkeit aus den pantomimischen Aufgaben beim Trivial Pursuit).
4. Einen neuen Weg eröffnen
Diese Möglichkeit kommt uns zu selten in den Sinn. Sie werden überrascht sein, wie oft diese Formulierung neue Perspektiven im Kundenkontakt eröffnet:
Lieber nicht
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Besser so
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Nein. | Ja. Wenn es für Sie passt, dass … |
Nein. | Ja. Unter der Voraussetzung … |
Diese Variante unbedingt auch zuhause im Diskurs mit dem Nachwuchs testen! :-)
Gutes Gelingen!