28.08.2015 | Stolpersteine

Missverständnis „Alleinstellungsmerkmal“

Vielleicht kommt Ihnen das bekannt vor. Für Selbstständige wird es oft schwierig, wenn es darum geht, ihr Alleinstellungsmerkmal zu formulieren. Wenn ein Businessplan erstellt werden soll, zum Beispiel. Vielen geht es aber auch nach mehreren Jahren Selbstständigkeit noch so.

Irgendwann kommt das Gespräch auf die USP (Unique Selling Proposition) und dann kommt Unsicherheit auf: „SO außergewöhnlich ist das, was ich tue nicht. Ich habe kein Alleinstellungsmerkmal!“

Es freut mich immer, wenn sich im Beratungsgespräch die Gelegenheit ergibt, auf diese Unsicherheit einzugehen. Meist liegt nämlich ein Missverständnis vor: Es wird zu groß gedacht.

Es wird übersehen, dass es sich bei der USP um ein relatives und nicht um ein absolutes Konzept handelt.

Das Missverständnis

Alleinstellungsmerkmal ist ein großes Wort. Wie es zu verstehen ist, macht man sich oft nicht ausreichend deutlich bewusst.

Was USP nicht bedeutet:

Machen, was (noch) keiner macht.

Denn damit wären sehr viele Überlegungen ganz rasch am Ende.

Was USP bedeutet:

Der/die Einzige einer bestimmten Art in einem bestimmten Umfeld sein.

Das klingt sehr theoretisch, wird aber umso interessanter, je praktischer man es auslegt.

Denn: Die USP benennt ganz einfach den Unterschied des eigenen Angebots zur Lösung bestimmter Kundenprobleme im Vergleich zum Angebot des/der Konkurrenten.

Mit Betonung auf Unterschied und auf im Vergleich zum Konkurrenten. Und da heißt es wirklich ganz praktisch denken.

USP – praktisch gedacht

Natürlich ist es toll, wenn man eine Problem-Lösung anbieten kann, die tatsächlich niemand sonst im Programm hat – ein klassisches Monopol.

Für die meisten Selbstständigen geht es allerdings nicht darum, dieses Novum zu finden und zu bieten. Sie haben vielmehr Fähigkeiten oder Produkte, mit denen sie in ihrem direkten Umfeld punkten möchten.

Auch für sie geht es freilich darum, einen Unterschied zu machen. Denn es ist tatsächlich wichtig, sich im Meer der Anbieter abzuheben, um als Unternehmen erfolgreich zu sein. Doch es hilft, nicht zu groß anzusetzen, sondern es geht darum, konkret zu werden:

Um erfolgreich zu sein, muss ich immer nur den schlagen, gegen den ich tatsächlich antrete.

Das bedeutet: Es gilt sich bewusst zu machen, in welcher „Liga“ man spielen möchte.

Das Bild meine ich ernst. Ich verwende es oft und finde es ausgesprochen hilfreich. Denn es ist wirklich wie wir es aus dem Sport kennen: Weltspitze bedeutet außergewöhnliches Talent, extreme Einsatzbereitschaft plus das nötige Maß Glück. Dann gibt es da noch die vielen, vielen Abstufungen bis hin zur Regional-Liga. Hier mitzumischen kann ebenfalls sehr lohnend sein!

Falls Sie auf der Suche nach Ihrer USP sind: Ordnen Sie sich ein. Wo soll es (im ersten Schritt) hingehen? Denn ihr Angebot (und Ihr Einsatz) muss tatsächlich nur KonkurrentInnen auf dieser Ebene ausstechen können.

Ihr Alleinstellungsmerkmal ist dann vielleicht ein ähnliches wie das eines Mitbewerbers oder einer Mitbewerberin. Aber eben das eines Mitbewerbers, der nicht in Ihrer Liga antritt. In Ihrem Umfeld gibt es noch keinen „dieser Sorte“. Seien Sie Erster!

Es gibt unzählige Möglichkeiten, sich positiv zu unterscheiden

Das wird leicht übersehen: Ihre Unterscheidung muss nicht zwingend aus einem Merkmal bestehen. Ihr Alleinstellungsmerkmal kann entstehen, indem Sie mehrere Merkmale kombinieren.

Zusätzlich geht es darum, neben gebotenen „harten“ Faktoren wie Leistungsspektrum und Produkteigenschaften auch „weiche“ Faktoren ins Spiel zu bringen, etwa Sympathie und Nähe. Denn es sind oft genau diese Merkmale, die darüber entscheiden, mit wem wir arbeiten bzw. wen wir beauftragen wollen. Mehr dazu können Sie in meinen Beiträgen Worum geht’s beim Marketing wirklich? und Die weiche Seite des Alleinstellungsmerkmals nachlesen.

Ein Fallstrick und wie Sie ihn umgehen

Es gibt einen Fehler, der es schwieriger als nötig machen kann, sein Alleinstellungsmerkmal zu benennen: Man denkt zu schnell in Slogans, also in Kurzformeln. Einfach, weil man versucht, das Besondere auf diese Weise zu fassen zu kriegen.

Das kann freilich gut gehen. Häufiger führt es allerdings zu noch mehr Unsicherheit. Das liegt meist nicht daran, dass man nichts Spezielles/Tolles zu bieten hat, sondern daran, dass man es nicht ad hoc gut in Worte fassen kann.

Manchmal kommt einem das eigene Angebot auch zu unbedeutend und irrelevant vor, angesichts eines gefundenen Slogans. „Den Schuh fülle ich gar nicht aus …“. Und schon ist der Slogan verworfen … und der nächste … und die Unsicherheit wächst.

Falls Sie sich damit herumschlagen, hilft folgendes:

Gehen Sie mit Ihrem Alleinstellungsmerkmal schwanger!

Will heißen: Gutes will ausgebrütet werden und braucht daher Zeit. Sammeln Sie erst einmal ausgiebig Ihre Ideen und lassen Sie sie reifen. Die geeigneten Worte kann man immer noch finden. Hat man den konkreten Inhalt, ergibt sich die passende Verpackung sehr viel leichter.

Außerdem muss nicht alles, das Ihren entscheidenden Unterschied ausmacht, in Worte formuliert werden. Manches kommt besser auf anderen Wegen zur Geltung, ist aber trotzdem entscheidend und will daher gesammelt werden. Wenn Sie bei Ihrer Suche direkt in Slogans denken, blockieren Sie sich in diesen Fällen nur.

Lassen Sie sich bei Ihrer Suche nach Ihrem Alleinstellungsmerkmal weder verunsichern noch blockieren. Halten Sie sich einfach vor Augen:

Unterschied vs Originalität  Bei USP geht es um Unterschied, nicht um Originalität. Und zwar um den Unterschied zu Ihren tatsächlichen KonkurrentInnen.

Auf Stärken konzentrieren Da wir alle unsere speziellen Stärken haben, ist die Basis für das zu formulierende Alleinstellungsmerkmal immer bereits gegeben. Außerdem kann es auch aus mehreren Eigenschaften zusammengesetzt sein.

Ganz genau hinschauen Es ist sinnvoll und lohnend, auch die kleinen Dinge im Blick zu haben. Denn in Wahrheit sind es die Details, die in der Praxis dafür sorgen, dass der Funke überspringt. :-)