Als Wolf Schneider Mitte November 2022 mit 97 Jahren stirbt, füllen originelle Metaphern seine Nachrufe. Kein Wunder. Der Großteil der heute relevanten Journalist*innen ist durch Wolf Schneiders gnadenlose Schule gegangen. Und hat entsprechend gelitten. Der „Papst der deutschen Sprache“ galt als herrisch und verbissen.
Die Arbeiten seiner Studierenden korrigierte er (weiß der SPIEGEL) ohne Rücksicht. So habe er zum Beispiel gerne „Bäh“ oder auch „Gequirlter Mist“ unter die Manuskripte geschrieben. Formulierte ein*e Studierende*r einen langweiligen Einstieg, so hätte sich neben dem ersten Satz des Textes schon mal folgende Anmerkung gefunden: „Sie haben gerade Ihren einzigen Leser verloren: mich.“
Wolf Schneiders zahlreichen Bücher zu klarem Ausdruck und gutem Deutsch sind kein Lesevergnügen, das beiläufig zu bewältigen ist. Schneider schimpft über Sprachverhunzer und schreibt selbst anspruchsvolle Texte. Inhaltlich und grammatikalisch.
Da überrascht es nicht, dass Schneider forderte (weiß die FAZ), niemand sollte auch nur eine Zeitungsmeldung schreiben, bevor er*sie nicht Shakespeare, Nietzsche, Freud und den jungen Marx gelesen hätte.
Von Wolf Schneider gibt es unendlich viel zu lernen. Mein liebstes „Learning“ ( :-) Scheider hat Anglizismen wie dieses z u t i e f s t verachtet) kommt hier:
Ein Wort ist umso kraftvoller, je weniger Silben es hat.
Deshalb ist (laut Schneider und offensichtlich) …
Wechsel (2 Silben) besser als
Paradigmenwechsel (6), NOCH besser aber ist
Schwenk (1 Silbe).
Schneider fordert uns vehement auf, einsilbig zu schreiben, wo immer das möglich ist. Denn die kraftvollsten Wörter des Deutschen hätten eine Silbe:
Glück + Pech, Hass + Neid, Wut + Gier, Kopf + Fuß, Haus + Hof, Not + Tod …
Liebe macht blind,
Lotto macht reich und
„just do it“ macht klar, dass der Rat des barschen Meisters auch im – an Einsilbern reichen – Englischen funktioniert :-)
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