Uiuiui! 350 Seiten Rechtschreibung? Ja! WENN man sich diesem spröden Thema widmen will, DANN mit diesem Buch. Wobei: Annika Lamer vermittelt Duden-Wissen. 1:1. Das könnte man sich auch beim Original abholen. Warum also dieses fette Buch?
Ein Grund: Das Buch ist wunderbar lesefreudlich gestaltet!
Ein zentrales Feature des Buches hätte für mich entfallen können: Lamer setzt auf das (… ich sag mal so:) Modethema Storytelling. Sie führt zu Beginn zwei Protagonistinnen ein, Gerrit und Sina. Die beiden Freundinnen fachsimpeln durchs Buch, „lebensnahe“.
Diese Passagen mag ich nicht lesen. Sie wirken gekünstelt. ABER: Das ist vollkommen egal! Da springt man einfach drüber. Oder man mag sie. Wir Leser*innen sind ja so verschieden. 🙂
Doch wird Rechtschreibung nicht komplett überbewertet? Ist sie noch wichtig?
Vielleicht so: Rechtschreibung ist eine Kulturtechnik. Kulturtechniken sind dazu da, Probleme in unterschiedlichen Lebenssituationen zu bewältigen. In diesem Fall das Problem unserer Verständigung.
Verbindlichkeit will Eindeutigkeit schaffen, Verwirrung, Irritationen, Missverständnisse minimieren, Das gelingt durch Regeln.
Wer glaubt, Rechtschreibung sage etwas über Intelligenz oder Bildung, irrt. Wer darauf besteht, ist ein Snob.
Die deutsche Rechtschreibung ist zu kompliziert, um in ihr durchgehend 100 % oder auch nur 85 % sattelfest zu sein. Das braucht es auch nicht.
Sie allerdings resignierend oder trotzig zu ignorieren ist ein Abschied. Ein Abschied von der Idee, dass Regeln auch dazu da sein können, um einander das Leben einfacher zu machen. Auch, wenn wir dafür etwas Anstrengung auf uns nehmen müssen.
Ich fände das schade.
Noch dazu jetzt, wo es doch Annika Lamers Buch gibt. 🙂