26.07.2022 | Einfach besser texten

Unsere LeserInnen haben fünf Sinne – wir sollten sie nutzen

Unsere Texte brauchen Sinnlichkeit, wenn sie überzeugen sollen. Wirkungsvolle Texte rufen Sinneseindrücke wach, gespeichert als Erinnerungen und Assoziationen. Plötzlich sehen, hören, riechen, phantasieren wir – wie im Kino.

Sinnlichkeit wird (… tja 🙂) mit fließenden Körpersäften verbunden. Deshalb sprechen wir von trockenen Texten. Sie machen uns nicht an. Wir müssen sie ohne Speichelfluss runterwürgen.

Beispiel: Backwaren – Zimtschnecke
… Speichelfluss?

Sobald Themen tiefsinniger sind, werden sie automatisch abstrakter. Denn: Tiefgründiges hat mit großen Ideen zu tun, mit umfassenden Fragen, weitreichenden Bedeutungen.

Aber: Auch Tiefgründiges möchten wir unseren Leser*innen nahe bringen.

Denken wir kurz an Google Earth: Je weiter wir hinauszoomen, desto besser ist unser Überblick. Gleichzeitig verlieren wir die Details. Häuser, Brücken, Wiesen sind nur noch graue Flächen. Wenn wir nun unser Urlaubsziel recherchieren, spielen wir herum: wir zoomen rein, raus, rein, raus …

Roy P. Clark hat ein etwas anderes Bild dafür: die Leiter der Abstraktion. Der Tipp bleibt gleich: rauf, runter, rauf, runter …

Das ist die Lösung auch für tiefgründige – also tendenziell abstrakte – Texte.

Wir überlegen beim Schreiben: Kraxle ich gerade hoch oben auf der Leiter herum – oder bewege ich mich in Bodennähe?

Wenn wir uns oben in der dünnen Luft der Abstraktion wiederfinden, steigen wir einfach mal runter. Dorthin, wo die Menschen sind – und ihre 5 Sinne.

Ein Trick, der dabei hilft: Wir dürfen unseren Leser*innen zutrauen, dass sie vom Besonderen auf das Allgemeine schließen können.

Beispiel: Ich empfehle Ihnen so zu schreiben, dass auch Ihre Tante Trudi Sie versteht. Dabei weiß ich freilich, dass Sie wahrscheinlich keine Tante Trudi haben. Trotzdem haben Sie mich verstanden. „Tante Trudi“ ist ein Platzhalter, der ein Bild in Ihrem Kopf auslöst. Ihr Denkmuskel freut sich. Er spielt gerne Kopfkino.

Alles, was er dafür braucht, ist ein Schubs. Diesen Schubs liefern Wörter und Formulierungen, die mit Sinneseindrücken verbunden sind. Mit visuellen und haptischen Erinnerungen, mit Gerüchen, Geräuschen, Geschmack.