Zwischen den Zeilen texten

Anna ist groß.

Natürlich ist Anna noch vieles mehr. Doch wenn wir nur EINE Eigenschaft in unsere Beschreibung aufnehmen, bekommt sie ein besonderes Gewicht. Eine so klare Ansage hat eine beträchtliche Wirkung.

Anna ist groß und still.

Wir sehen Anna vor uns. Das große stille Mädchen. Und wir fragen uns: Hat Annas Stille mit ihrer Größe zu tun? Denn sobald wir zwei Elemente verwenden, schaffen wir zwei Pole, einen Vergleich, einen Gegensatz. Es kommt Spannung ins Spiel. Denn Wortpaare spielen auf die Ambivalenzen unseres Lebens an. Unvereinbar und doch – auf spezielle Weise – ergänzend.

• Tag und Nacht
• heiß und kalt
• Hund und Katz’

Anna ist groß, still und voller Tatendrang.

Nun ist alles klar. Wir kennen Anna. Auch wenn wir nur Weniges wissen. Sobald ein drittes Element ins Spiel kommt, entsteht ein Ganzes. Was wir beschreiben, wird dreidimensional.

• Vater, Sohn, Heiliger Geist
• Anfang, Mitte und Ende
• Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit

Wir kennen die „Dreifaltigkeit“ aus der Welt der Mythen und Märchen: Es gilt, drei Prüfungen zu bestehen, drei Wünsche werden gewährt, drei Nächte tanzt Rumpelstilzchen um das Feuer. Unser Gehirn mag die Drei. Deshalb finden wir sie überall: drei Farben in Fahnen, drei Buchstaben in Unternehmenstiteln – WMF, IBM, CNN –, drei Wörter in Slogans: yes we can.

Anna ist groß, still, voller Tatendrang und isst gerne Spaghetti.

Die Liste ist eröffnet. Nun könnten noch viele weitere Eigenschaften folgen. Denn die Vier signalisiert uns: Bestandsaufnahme. Mit jedem weiteren Element wird die Beschreibung genauer – doch nicht unbedingt interessanter.

Dramatik, Spannung und Magie leben nicht von Vollständigkeit. Sie leben von Geheimnis, Andeutung, Phantasie. Sie nutzen unsere kulturelle Prägung, spielen mit unseren Wahrnehmungsmustern. Daher …

man nehme:

• Eins für Dramatik
• Zwei für Spannung
• Drei für Magie

🙂